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FORSCHUNGSBERICHTE
des
PSYCHOLOGISCHEN INSTITUTS
der
ALBERT-LUDWIGS-UNIVERSITÄT FREIBURG i. Br.
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Nr. 149

Tilmann Sutter
 

Medienkommunikation, Mediensozialisation
und die �Interaktivität� neuer Medien.
Ein konstruktivistisches Forschungsprogramm
 
 
 
 
 
 

Abteilung Klinische und Entwicklungspsychologie
Psychologisches Institut der Universität
Belfortstr. 18
D-79085 Freiburg i.Br.
Dezember 2000










 

Zusammenfassung

Es wird ein Forschungsprogramm zum Verhältnis von Medienkommunikation und Mediensozialisation vorgestellt, das folgende Ziele anstrebt: Zunächst werden auf grundlagentheoretischer Ebene handlungs- und interaktionstheoretische Konzepte der Medienkommunikation in Auseinandersetzung mit systemtheoretischen Medien- und Kommunikationstheorien kritisch aufgearbeitet. Dabei soll eine integrative Untersuchungsperspektive in Form einer konstruktivistischen Theorie des Handelns für die Medienforschung entwickelt werden. Aus diesen allgemeinen Überlegungen werden Konsequenzen für eine konstruktivistische Theorie der Mediensozialisation gezogen. Zu diesem Zweck sollen bereits vorliegende Vorarbeiten zu einer Theorie der Selbstsozialisation, die sich sowohl auf bewährte Entwicklungs- und Sozialisationstheorien als auch auf die soziologische Systemtheorie stützt, im Kontext der subjektiven und kommunikativen Verarbeitung von Medienangeboten ausgebaut und spezifiziert werden. Die Studien berücksichtigen verschiedene Medien (Romane, Fernsehen, neue "interaktive� Medien) und sollen eine Auseinandersetzung mit den Kriterien der �Interaktivität� neuer Medien vorantreiben, die künftig für Prozesse der Mediensozialisation zunehmend relevant werden könnte.
 



 
Inhaltsverzeichnis
 
 

1          Einleitung
 

2          Massenkommunikation und soziale Interaktion
 

3          Konstruktivistische Theorie sozialen Handelns
 

4          Eine konstruktivistische Theorie des Handelns für die Medienforschung
 

5          Mediensozialisation als Selbstsozialisation im Umgang mit Medien

5.1       Allgemeine sozialisationstheoretische Probleme

5.2       Systemtheorie und genetischer Strukturalismus: Die Sozialisationstheorie des interaktionistischen Konstruktivismus

5.3       Selbstsozialisation im Umgang mit Medien
 

6          Die �Interaktivität� neuer Medien
 

7          Ausblick: Das Netz struktueller Kopplungen
 

Literatur



    1 Einleitung

Das Verhältnis von Medienkommunikation und Mediensozialisation in der modernen Gesellschaft ist ein überaus komplexes Untersuchungsfeld, das aus sehr unterschiedlichen Perspektiven bearbeitet wird. Die folgenden Überlegungen stellen ein Forschungsprogramm vor, das sowohl Abgrenzungen als auch Kooperationsmöglichkeiten verschiedener konstruktivistischer Zugänge zum Verhältnis von Medienkommunikation und Mediensozialisation auszuloten versucht. Dieses Programm liegt Teilen des Projekts �Lesesozialisation im Erwachsenenalter� zugrunde, das im Schwerpunktprogramm �Lesesozialisation in der Mediengesellschaft� der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom Autor in Zusammenarbeit mit Michael Charlton durchgeführt wird. In diesen Teilen sollen  handlungs-, interaktions- und systemtheoretische Konzepte der Medienkommunikation und Mediensozialisation in der modernen Gesellschaft kritisch aufgearbeitet werden. Damit schließen die grundlegenden theoretischen Ziele des Projekts an die zentralen Forschungsdesiderata des Schwerpunktprogramms an: Anzustreben ist eine �integrative Interdisziplinarität�, mit der die Ebenen der Lesesozialisation1  und der Mediengesellschaft in Beziehung zueinander gesetzt werden können. Dies erfordert zunächst eine Explikation von Theorien sozialen Handelns einerseits und soziologischen Theorien andererseits, die sich auf das Gesellschaftssystem richten. Anschließend ist zu prüfen, ob handlungs- und systemtheoretische Sichtweisen in ein komplementäres Verhältnis zueinander gesetzt werden können (vgl. Eggert/Groeben 1999, S. 250f.).

Diese Ziele werden im Durchgang durch Handlungs-, Interaktions-, Kommunikations- und Gesellschaftstheorien verfolgt, wobei eine integrative Untersuchungsperspektive in Form einer konstruktivistischen Theorie des Handelns entwickelt werden kann (Abschnitte 2-4). Im Hinblick auf die Bedeutung einer konstruktivistischen Theorie des Handelns für die Medienforschung  ist das Verhältnis zwischen Massenkommunikation, Interaktion und Rezeption zu untersuchen: Zu klären ist erstens, ob auch unter Bedingungen von massenmedialer Einwegkommunikation sich interaktive oder quasi-interaktive Verhältnisse etablieren, wie aus handlungs- und interaktionstheoretischer Sicht hervorgehoben wird. Dabei sind aus soziologischer Sicht die Funktionen der Massenkommunikation in der funktional ausdifferenzierten Gesellschaft zu berücksichtigen, die in letzter Zeit vor allem im systemtheoretischen Bezugsrahmen untersucht worden sind. Zu klären ist zweitens, ob man von nur graduellen oder aber kategorialen Differenzen zwischen massenmedialer und interpersonaler Kommunikation ausgehen muß: Auch hier kann die erste Position tendeziell eher handlungstheoretischen, die zweite Position eher systemtheoretischen Sichtweisen zugeordnet werden.
Auf dieser Grundlage kann eine Theorie der Selbstsozialisation im Umgang mit Medien erarbeitet werden (Abschnitt 5). Sie stützt sich sowohl auf bewährte Entwicklungs- und Sozialisationstheorien als auch auf die soziologische Systemtheorie. Selbstsozialisation soll dabei mehr als die selbständige Aneignung von Medienangeboten bezeichnen: Wenn eine jeweils eigenständige (nicht: isolierte!) Konstruktion von Bedeutungen in Prozessen der Massenkommunikation, der Anschlußkommunikation und der subjektiven Rezeption plausibel gemacht werden kann, wird Selbstsozialisation zum Grundproblem einer Theorie der Mediensozialisation. Damit könnte eine Theorie der Mediensozialisation in engeren Kontakt als bisher zu gesellschafts- und systemtheoretischen Perspektiven in der Medienforschung treten.

In der angestrebten konstruktivistischen Theorie der Mediensozialisation werden nicht nur verschiedene traditionelle Medien wie Bücher und Fernsehen, sondern auch neue "interaktive� Medien untersucht (Abschnitt 6). Dabei kann eine Auseinandersetzung mit den Kriterien der �Interaktivität� neuer Medien Hinweise darauf liefern, ob mit den neuen medialen Entwicklungen Massenkommunikation und interpersonale Interaktionen wieder näher zusammenrücken. Wenn sich zeigen ließe, daß auch Interaktivität nicht in die Richtung einer Aufweichung der Unterschiede und Grenzen zwischen medial verbreiteten und interaktiv vollzogenen Kommunikationen weist, könnte die differenz- bzw. systemtheoretische Behauptung der jeweiligen Eigenständigkeit von Massenkommunikation, Anschlußkommunikation und Rezeption gestärkt werden. Neben der Eigenständigkeit ist die wechselseitige Angewiesenheit dieser drei Bereiche der Medienkommunikation und -sozialisation hervorzuheben: Im abschließenden Ausblick wird das Netz struktureller Kopplungen umrissen, mit dem diese Beziehungen beschrieben werden können (Abschnitt 7).
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1       Der Begriff der �Lesesozialisation� ist synonym zum allgemeinen Begriff der Mediensozialisation zu verstehen, da im Schwerpunktprogramm nicht nur Bücher, sondern auch andere
         Medien Forschungsgegenstände sind.


    2 Massenkommunikation und soziale Interaktion

Die komplexen Beziehungen, die bei der Untersuchung von Prozessen der Medienkommunikation, Mediensozialisation und Mediennutzung zu bedenken sind, verweisen auf das Problem einer fehlenden Integration unterschiedlicher Perspektiven in der Medienforschung. Die empirische Massenkommunikationsforschung wird seit langem von der Alternative �medienzentrierte vs. publikumszentrierte Perspektive� (Renckstorf 1989) beherrscht. Die Gegenstellung zwischen medienzentrierten Analysen einerseits, die meist in kulturkritischem Tonfall die Überwältigung der Subjekte durch die Massenmedien betonen (vgl. Adorno 1963/1996; Bourdieu 1998; Kausch 1988; Oevermann 1983, 1996), und Analysen kommunikativer und subjektiver Aneignungsprozesse andererseits, die die konstruktive Rolle der Medienkommunikation für den Identitätsaufbau und die Bewältigung des Alltagslebens betonen (vgl. Charlton/Schneider 1997; Keppler 1994), hat die Entwicklung einer umfassenden theoretischen Konzeption für die Medienforschung behindert (vgl. Charlton 1997; Sutter 1995, 1999; Sutter/Charlton 1999).

So ist es nicht weiter verwunderlich, daß die Medienforschungen ebenso wie die Vorstellungen einer �Mediengesellschaft� disparat und unklar sind und �Neue Unübersichtlichkeit bzw. Endgültigkeit der Vorläufigkeit� (Schmidt 1999, S. 118) zu herrschen scheinen. Inwieweit hier Interdisziplinarität und die Kooperation verschiedener theoretischer Untersuchungsperspektiven weiterhelfen (vgl. Charlton 1997; Charlton u.a. 1995), bleibt noch abzuwarten: Auf der einen Seite wird in Publizistik und Kommunikationswissenschaft zunehmend die soziologische Systemtheorie (vgl. Luhmann 1996) diskutiert, ohne daß bislang klar wurde, ob und in welcher Weise damit ein neuer Orientierungsrahmen geschaffen werden kann  (vgl. Görke/Kohring 1996; Marcinkowski 1993, 1996; Schmidt 1994). Auf der anderen Seite gewinnt eine Untersuchungsperspektive an Bedeutung, in der im Zusammenhang der zeitgenössischen Forschungstradition der Cultural Studies neben den aktiven Konstruktionsprozessen der Rezipienten vor allem die Prozesse der kommunikativen Aneignung von Medienangeboten im Mittelpunkt der Forschungsinteressen stehen. Medienangebote werden nicht nur individuell rezipiert, sondern in Familien, Freundeskreisen, unter Berufskollegen usw. gemeinsam besprochen und gedeutet. Kommunikative Aneignungsprozesse kommen ebenso als Komponenten und Kontexte subjektiver Rezeptionsprozesse wie auch als eigenständige Dimension der Vermittlung von Medienkommunikation und Alltagswelt der Rezipienten in den Blick (vgl. Charlton 1997; Charlton/Klemm 1998; de Certeau 1988; Holly/Püschel 1993; Keppler 1994).

Grundlegender Klärungsbedarf besteht in der wichtigen Frage des Verhältnisses von Massen- und interpersonaler Kommunikation (vgl. Schenk 1989). Zwar werden sowohl in Massenkommunikations- als auch Rezeptionsforschungen übereinstimmend Einseitigkeit, Anonymität des Publikums bei gleichzeitig hohen Freiheitsgraden der Rezeption als Merkmale der Massenkommunikation festgehalten, obwohl sehr disparate theoretische Untersuchungsperspektiven zugrunde gelegt werden. Aber schon in der fundamentalen Frage, ob wir von einer Differenz oder einer Vermittlung bzw. Verschränkung zwischen Massenkommunikation und sozialen Interaktionen auszugehen haben, liegen die Ansichten weit auseinander: Aus gesellschaftstheoretischer Sicht können Massenmedien als evolutionäre Errungenschaft beschrieben werden, die auf Prozesse gesellschaftlicher Ausdifferenzierung antworten: Diese Prozesse erhöhen systematisch die Unwahrscheinlichkeit, daß gesellschaftliche Kommunikation ihre Adressaten erreicht. Massenmedien stellen die evolutionär entwickelte Lösung auf das Problem der kommunikativen Erreichbarkeit der Adressaten unter zunehmend ausdifferenzierten Bedingungen dar. Funktionale Ausdifferenzierung steigert die Angewiesenheit moderner Gesellschaften auf Verbreitungsmedien (vgl. Luhmann 1997, S. 515f.): Gesellschaftsanalytisch orientierte Theorien der Massenkommunikation verweisen deshalb auf die eigenständigen, nicht dispensierbaren Funktionen der Massenkommunikation in der hoch komplexen modernen Gesellschaft (vgl. Luhmann 1996; Wehner 1997). Sie ermöglichen auch unter diesen Bedingungen gesellschaftsweit verbreitete Kommunikation und die Etablierung von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung (vgl. Gerhards/Neidhardt 1991; Luhmann 1990). Diese Leistungen werden durch eine Abkoppelung der Massenkommunikation von den Beschränkungen sozialer Interaktionen ermöglicht (vgl. Luhmann 1996, S. 33). Vom Grundbegriff der Kommunikation ausgehend wird die Analyse der eigenständigen Form von Massenkommunikation von Bindungen an soziale Interaktionsmodelle befreit: Massenmediale Kommunikation prozessiert interaktionsfrei, einseitig und generalisiert. Eben dadurch gewinnen die Rezipienten den Freiraum für den persönlichen Gebrauch der Medienangebote (vgl. Esposito 1995, 1998).

Dagegen heben subjekt- und handlungstheoretisch orientierte Medienforschungen, in deren Zusammenhang Untersuchungen zur Mediensozialisation stehen, auf die Bedeutung subjektiver und kommunikativer Aneignungsprozesse und die Verschränkung von Massenkommunikation und (interaktiver) Alltagskommunikation ab (vgl. Charlton 1997; Keppler 1994). Auf dieser Linie wurde im Bereich der Fernsehforschung die Diskussion um parasoziale Interaktionen zwischen Zuschauern und Medienfiguren wiederbelebt (vgl. Vorderer 1996): Sowohl Medienakteure als auch Rezipienten sind beim Umgang mit Medien auf ihre allgemeinen sozialen Interaktionsfähigkeiten angewiesen. Auch unter Bedingungen der Einwegkommunikation sind Prozesse der wechselseitigen Perspektivenkoordination unverzichtbar. Die technisch bedingten Einschränkungen der Koordination sozialer Handlungsperspektiven in der Massen-kommunikation wird durch Unterstellungen kompensiert: �Parasozial� bedeutet, daß Zuschauer und Medienfiguren so tun, als ob sie in einer direkten sozialen Beziehung zueinander stehen. Aus dieser Sicht kann die Medienforschung von der allgemeinen Ebene kommunikativen Handelns ausgehen, auf der unterschiedliche Formen medial vermittelter und mündlicher, in face-to-face-Interaktionen verlaufender Kommunikationen nur graduelle, aber keine kategoriale Differenzen aufweisen (vgl. Sutter/Charlton 1999).

Während gesellschaftstheoretische Analysen also die eigenständigen Formen und Funktionen der Massenkommunikation betonen, die gerade eine Ablösung der Massenkommunikation von den Beschränkungen sozialer Interktionen zur Voraussetzung haben, binden subjekt- und handlungstheoretische Sichtweisen die Massenkommunikation in ein allgemeines Modell sozial-interaktiven Handelns ein. Grundlagentheoretisch kommt diese Gegenstellung am pointiertesten in der Alternative System- versus Handlungstheorie zum Ausdruck. Die im folgenden dargelegte konstruktivistische Theorie sozialen Handelns richtet sich an der Frage aus, ob und in welcher Weise überhaupt eine Kooperation von System- und Handlungstheorie auf den Weg gebracht werden kann.


    3 Konstruktivistische Theorie sozialen Handelns

Die Frage nach Kooperationsmöglichkeiten zwischen traditionellen Handlungs- und Interaktionstheorien und der Systemtheorie der Kommunikation führt in ein weit gespanntes Untersuchungsfeld. Im Rückgriff auf Vorarbeiten zu dieser Frage (vgl. Schneider 1994; Sutter 1999a) können die anvisierten Kooperationsmöglichkeiten in repräsentativen Ausschnitten und an einem zentralen Bezugsproblem der soziologischen Theorieentwicklungen plausibel gemacht werden: Wie können Analysen sozialer Prozesse von subjekt- und handlungstheoretischen Verkürzungen befreit werden? Diese Frage ergibt sich aus dem hartnäckigen Problem in der Geschichte soziologischer Theoriebildung, von Subjekten und Einzelhandlungen als grundlegenden Einheiten der Analyse auszugehen, dabei aber nicht das Soziale als eigenständige Wirklichkeitsebene begreifen zu können. Eine Klärung dieser Frage kann zweierlei deutlich machen: Erstens kann die Soziologie ihrer Aufgabe, zunehmend komplexe soziale Prozesse und Verhältnisse zu beschreiben, nur gerecht werden, wenn sie Kommunikation und soziales Handeln unverkürzt als eigenständige, auf nichts anderes reduzierbare Ebene sozialer Wirklichkeit konzipiert. Dieses Ziel ist zweitens nicht mit intuitiv, d.h. unserem Alltagsverständnis naheliegenden, sondern nur mit abstrakten Begriffen von Kommunikation und sozialem Handeln zu erreichen (vgl. dazu Sutter 2000).

In der Soziologie mußten die zunehmend abstrakten Begriffe von Kommunikation und sozialem Handeln Schritt für Schritt entwickelt werden. Bei Webers (1980)  Bestimmung sozialen Handelns als grundlegender Kategorie soziologischer Analysen spielt subjektives Bewußtsein noch eine dominierende Rolle: Soziales Handeln wird von einem Handelnden mit einem subjektiven Sinn verbunden und auf das Verhalten anderer Personen bezogen. Marx (vgl. MEW, Bd. 3, S. 20ff.) läßt gesellschaftliche Verhältnisse als Produkte aus menschlicher Praxis hervorgehen. Es liegt unserem Alltagsverständnis und unserer Alltagserfahrung nahe, gesellschaftliche Prozesse und Verhältnisse auf subjektive Handlungen und subjektiv gemeinten Sinn zuzurechnen. Zumindest die Problemstellung, Begriffe  des Handelns und der Kommunikation von intuitiv naheliegenden Vorstellungen abzulösen, wird auf der Linie von der Sozialtheorie Meads (1973) bis zur Theorie kommunikativen Handelns von Habermas (1981) deutlich. Der Begriff des sozialen Handelns als Grundkategorie soziologischer Analyse gewinnt an Eigenständigkeit, wenn er nicht mehr auf die einzelne Handlung und das mit ihr verknüpfte subjektive Bewußtsein reduziert wird. Mead versucht, die genuin soziale Entstehung von Handlungsbedeutungen zu rekonstruieren: Bedeutungen entstehen in einer Abfolge von Handlungen, die sich in der wechselseitigen Bezugnahme selbst organisieren. Grundlegend ist damit nicht mehr die einzelne Handlung, sondern die soziale Struktur des Handelns: Soziales Handeln als Einheit umfaßt eine Sequenz von Handlungen, in denen eine Bedeutung festgelegt wird. Habermas ergänzt diese Vorstellung durch die Merkmale der Regelgeleitetheit und Koordination sozialen Handelns: In Prozessen der Handlungskoordination entstehen soziale Bedeutungen, die von den Beteiligten übereinstimmend identifiziert werden. Das ist nur möglich, wenn soziales Handeln durch Regeln organisiert wird, die intersubjektiv gültig sind. Kommunikation bzw. kommunikatives Handeln wird deshalb als Prozeß intersubjektiver Verständigung gefaßt, in dem die Handlungsperspektiven verschiedener Teilnehmer koordiniert werden (vgl. dazu auch Habermas 1983, S. 145ff.). Auch auf dieser Linie gelingt jedoch die Ablösung der Kommunikation von subjektivem Bewußtsein und zu koordinierenden Einzelhandlungen nur unvollständig.

Ihr volle Eigenständigkeit gewinnt die Kommunikation in der soziologischen Systemtheorie Luhmanns: Kommunikation operiert hier selbstreferentiell und erscheint nicht mehr als Produkt subjektiven Handelns. Diese Vorstellung steht auf der Grundlage des �operativen Konstruktivismus� (vgl. Luhmann 1991, S. 68). Operativer Konstruktivismus bedeutet, daß sich psychische und soziale Systeme nur durch intern aneinander anschließende Operationen von der Umwelt abgrenzen können; er bedeutet weiterhin, daß die Operationen niemals über die jeweils gebildeten Systemgrenzen hinausgreifen können. Verschiedene Systeme, so läßt sich allgemein festhalten, operieren überschneidungsfrei, sie bleiben operativ füreinander unerreichbar. Kommunikation operiert nach Luhmann (1984, S. 191ff.) mit drei Selektionen: Information, Mitteilung und Verstehen. Kommunikation unterscheidet zwischen Mitteilung, die aus verschiedenen Verhaltensmöglichkeiten, und Information, die aus verschiedenen Sachverhalten selegiert. Hinzu tritt eine dritte Selektion, nämlich das Verstehen des Sinnes einer Kommunikation; nicht eines Sinnes, der sich auf etwas von den Kommunikationsteilnehmern gemeinsam Geteiltes gründet, sondern der von einer Kommunikation bewirkten Zustandsveränderung des Adressaten (vgl. ebda., S. 203). Dieser Zustand wird zwar kommunikativ bewirkt, aber vom Adressaten systemintern bestimmt. Verstehen ist damit nicht nur eine kognitive Leistung von Subjekten, sondern auch eine davon strikt zu unterscheidende Leistung der Kommunikation selbst. Luhmann verdeutlicht dies folgendermaßen: "Die Mitteilung 'Du verstehst mich nicht' bleibt daher ambivalent und kommuniziert zugleich diese Ambivalenz. Sie besagt einerseits 'Du bist nicht bereit, zu akzeptieren, was ich Dir sagen will' und versucht das Eingeständnis dieser Tatsache zu provozieren. Sie ist andererseits die Mitteilung der Information, daß die Kommunikation unter dieser Bedingung des Nichtverstehens nicht fortgesetzt werden kann. Und sie ist drittens Fortsetzung der Kommunikation." (Luhmann 1995, S. 116)

Trotz der bestehenden, zum Teil erheblichen Unterschiede kann gezeigt werden, daß sich traditionelle Sozialtheorien, insofern sie soziales Handeln und soziale Interaktion als eigenständige Prozesse begreifen, durchaus an die Systemtheorie der Kommunikation anschließen lassen. Schneider (1994) hat dies in der Verbindung von Meads Theorie sozialen Handelns mit der Kommunikationstheorie Luhmanns deutlich gemacht. Beide Theorien, so kann das zentrale Argument zusammengefaßt werden, machen verständlich, wie in Kommunikationsprozessen bzw. sozialen Handlungs-sequenzen Bedeutungen eigenständig und selbstreferentiell festgelegt werden. Die kommunikative Festlegung von Handlungsbedeutungen erfolgt unabhängig von den Bedeutungsselektionen der Interaktionsteilnehmer. In einer so gefaßten konstruktivistischen Theorie des Handelns können zentrale systemtheoretische Analysekategorien und traditionelle handlungs- und interaktionstheoretische Begriffe reformuliert und miteinander verbunden werden (mehr dazu weiter unten): Im Bereich der Systemtheorie sind hier insbesondere das Problem der doppelten Kontingenz, über dessen Entstehung und Lösung die Bildungsprozese kommunikativer Systeme ablaufen, und Prozesse der strukturellen Kopplung zwischen verschiedenen Systemen zu nennen; im Bereich von Handlungs- und Interaktionstheorien intersubjektives Verstehen sowie Regelgeleitetheit und Sequenzialität des Handelns. Auf dieser Grundlage aufbauend können Kooperationsmöglichkeiten zwischen Handlungs- und Systemtheorie vor allem im Hinblick auf das Verhältnis zwischen subjektiven und kommunikativen Verstehensprozessen expliziert werden (vgl. dazu Sutter 1999a, S. 197ff.).

Im Hinblick auf dieses Verhältnis wird die weitere Ausarbeitung einer konstruktivistischen Theorie sozialen Handelns v.a. auf ein Problem zu achten haben: Die konsequente Umsetzung des operativen Konstruktivismus in der soziologischen Systemtheorie hat auch unter Vertretern systemtheoretischer Sichtweisen Kritik hervorgerufen (zum Überblick vgl. Schmidt 1994, S. 65ff.). Heiß umstritten ist nach wie vor der (von der Systemtheorie selbst beförderte) Eindruck, �der Mensch� und �das Subjekt� würden aus der Gesellschaft und dem soziologischen Gegenstandsbereich ausgegrenzt (vgl. Fuchs/Göbel 1994; Willke 2000)2.  Dabei wird allerdings zu sehr auf die operative Geschlossenheit und die Abtrennung der Kommunikation von individuellem Bewußtsein geachtet und die Implikationen der strukturellen Kopplung zwischen unterschiedlichen kommunikativen und zwischen kommunikativen und psychischen Systemen vernachlässigt. Diese Implikationen heben die Offenheit und wechselseitige Abhängigkeit von kommunikativen und psychischen Systemen hervor (mehr dazu weiter unten).
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2       Diese oberflächliche Einschätzung eint Befürworter und Gegner der Systemtheorie: Die einen können so verdecken, daß sie bislang nur das philosophische Subjekt verabschiedet
         haben, die anderen können mit leichter Hand das Eindringen der Systemtheorie in Subjekt- und Sozialisationstheorien abblocken. Die Verabschiedung empirischer Subjekte, die in
         diesen oberflächlichen Einschätzungen unter der Hand eingeschleust wird, hätte eine Auseinandersetzung mit den relevanten Forschungstraditionen zur Voraussetzung, die erst
         noch zu leisten wäre (vgl. Sutter 1999a; 2000a).


    4 Eine konstruktivistische Theorie des Handelns für die Medienforschung

Auf der Grundlage einer konstruktivistischen Theorie des Handelns können die Kooperationsmöglichkeiten unterschiedlicher theoretischer Sichtweisen in der Medienforschung ausgelotet werden. Diesen Kooperationsmöglichkeiten kann man sich zunächst über eine grobe Einteilung der verschiedenen Gegenstandsbereiche der Medienforschung nähern; sie läßt � wenn man von Aspekten der Technik und der institutionellen Regelung des Systems der Massenkommunikation absieht � drei Dimensionen sichtbar werden: 1. Prozesse der Massenkommunikation; 2. verschiedene gesell-schaftliche und soziale Bereiche (z.B. Politik, Familien, Freundeskreise), in denen Anschlußkommunikationen und die kommunikative Verarbeitung von Medienangeboten zu beobachten sind, und 3. subjektive Rezeptionsprozesse von Medienangeboten. Eine Medienforschung, die allen drei Dimensionen gerecht werden will, muß sowohl Theorien, die mit der eigenständigen Form und Organisation des sich ausdifferenzierenden Mediensystems befaßt sind, als auch handlungs-, interaktions- und subjekttheoretische Analysen berücksichtigen, die kommunikative und subjektive Aneignungs-pro-zesse von Medienangeboten untersuchen.

Eine konstruktivistische Theorie sozialen Handelns, so lautet die übergreifende Arbeitshypothese, könnte eine integrative Perspektive für die Medienforschung eröffnen (vgl. Sutter/Charlton 1999). Die Grundlage für die Analyse der Beziehungen zwischen Massenkommunikation, kommunikativen und subjektiven Aneignungsprozessen liefert ein Handlungsmodell, das die soziale Struktur des Handelns nach Mead mit der Zug-um-Zug-Konzeption sozialer Handlungssequenzen expliziert, wie sie die Konversationsanalyse entwickelt hat; diese Konzeption ist grundsätzlich mit Luhmanns Kommunikationstheorie kompatibel (vgl. Hausendorf 1992; Schneider 1994): In dreizügigen Handlungssequenzen werden Bedeutungen sozial festgelegt, indem auf ein Kommunikationsangebot Egos eine Reaktion Alters erfolgt, die im dritten Zug von Ego bestätigt oder widerlegt wird. Da Massenkommunikation ohne direkte Reaktionen und Verstehenskontrollen seitens der Rezipienten prozessiert, ist zu fragen, ob und in welcher Weise dennoch die komplette soziale Struktur des kommunikativen Handelns zumindest implizit etabliert wird (vgl. Sutter/Charlton 1999). Diese Frage kann an Überlegungen zu �Leser-Text-Interaktionen� angeschlossen werden (vgl. dazu Charlton/Pette 1999; Pette i. Druck): In welchem Sinne kann von �Leser-Text-Interaktionen� gesprochen werden?3  Die damit bezeichnete Wechselbeziehung zwischen (im allgemeinsten Sinne) Lesern und Texten wird durch Merkmale der Textoffenheit charakterisiert (vgl. Sutter/Charlton 1999). Textoffenheit meint die prinzipielle Offenheit möglicher Bedeutungsselektionen auf beiden Seiten: der Seite der �Texte�, die � allgemein gefaßt - Gelesenes, Gesendetes und Gehörtes umfassen, und der Seite der Leser/Rezipienten.

Das Verhältnis von Medienkommunikation und Mediensozialisation umfaßt die oben genannten drei Dimensionen  der Massenkommunikation, Anschlußkommunikation bzw. kommunikativen Aneignung und subjektiven Rezeption. Entsprechend lauten die Untersuchungsfragen: Wie ist das Verhältnis zwischen Massenkommunikation und Interaktion? Inwieweit kann das Verhältnis zwischen den drei Dimensionen der Medienkommunikation und �sozialisation als Interaktion zwischen (im weitesten Sinne) Lesern und Texten untersucht werden? Inwieweit wird die soziale Struktur des kommunikativen Handelns innerhalb und zwischen Massenkommunikation, kommunikativer und subjektiver Aneignung etabliert? Diese Fragen müssen also aus drei Blickwinkeln bearbeitet werden: a) aus der Sicht der Massenkommunikation, b) der Anschlußkommunikation bzw. kommunikativen Aneignung und c) der subjektiven Rezeption.

a) Aus der Sicht der Massenkommunikation können wir ein Kontinuum aufspannen, das durch extreme Pole markiert wird: Auf der einen Seite wird im Kontext der kritischen Theorie Massenkommunikation als soziale Interaktion konzipiert (vgl. Oevermann 1983; 1996). Massenkommunikation wird an den Rationalitäts- und Reziprozitätsanforderungen von face-to-face-Interaktionen gemessen und normativ beurteilt. In sozialen Interaktionen sind direkte wechselseitige Handlungskoordinationen und Verstehenskontrollen möglich. Es wird ein gemeinsamer sozialer Handlungsraum etabliert, der die Interaktionsteilnehmer in wechselseitige Verpflichtungen einbindet. Diese Bedingungen werden in der massenmedialen Einwegkommunikation weitgehend aufgehoben. Aus dieser Einsicht wird eine pointiert kulturkritische Position entwickelt, die Massenkommunikation letztlich als Deformation naturwüchsiger sozialer Interaktion mit entsprechenden Entfremdungs- und Verblendungseffekten auf der Seite der Rezipienten entlarvt: Die Rezipienten sind den bloßen Inszenierungen  interaktiver Verhältnisse in der Massenkommunikation schutzlos ausgeliefert. Sie werden angesprochen, begrüßt, als Mitglieder einer Gemeinde von Eingeweihten einer bestimmten Sendung besonders adressiert usw. Wie schon in Adornos kulturkritischen Studien wird dieser Befund aber ohne Kontakt zu Untersuchungen kommunikativer und subjektiver Aneignungsprozesse erhoben, die keine der Massenkommunikation unterworfene, sondern Medienangebote aktiv nutzende Subjekte zeigen.

Auf der anderen Seite wird � wie bereits erörtert � im Kontext der soziologischen Systemtheorie die Abkopplung der Massenkommunikation von sozialer Interaktion hervorgehoben: Soziale Interaktion meint Kommunikation unter der Bedingung der wechselseitig wahrnehmbaren Anwesenheit der Interaktionsteilnehmer. Massenkommunikation hat sich von dieser Bedingung befreit und kann gerade deshalb ihre gesellschaftlichen Funktionen erfüllen. Die Frage ist nun, wie auf dieser Grundlage ein Wechselverhältnis zwischen Lesern und Texten zu konzipieren wäre. Allgemein werden Wechselverhältnisse zwischen unterschiedlichen Systemen in der Systemtheorie als strukturelle Kopplung bezeichnet: Systeme sind nicht nur operativ geschlossen, sondern zugleich umweltoffen. Sie machen sich beim Aufbau und der Aktualisierung ihrer Strukturen voneinander abhängig. So können sich Kommunikation und Bewußtsein nur zusammen ausbilden, sie sind konstitutiv aufeinander angewiesen, d.h. strukturell miteinander gekoppelt.4  Aus dieser Sicht kann die Leser-Text-Interaktion als strukturelle Kopplung zwischen Massenkommunikation, Anschlußkommunikation und Rezeption reformuliert werden. Die Massenkommunikation ist auf diese Kopplung angewiesen, die Frage ist nur, welche Qualität die indirekten Rückmeldungen ihrer Adressaten (durch Telefonanrufe, Leserbriefe, Kommentierungen in der Presse etc.) im Vergleich zu interaktiven Verstehenskontrollen unter Anwesenden haben. Dabei wird auf die Funktion der Massenkommunikation zu achten sein, auch unter Bedingungen funktionaler Ausdifferenzierung aufgrund von Interaktionsfreiheit, Einseitigkeit und Generalisierung gesellschaftsweite Kommunikation zu ermöglichen. Damit wird jedoch nur die Erreichbarkeit der Adressaten in der zunehmend ausdifferenzierten  Gesell-schaft gesichert. Die Massenkommunikation muß jedoch auch Annahmebereitschaften beim Publikum erzeugen, und zwar auf der Grundlage sehr indirekter Rückmeldungen. Massenkommunikation muß sich deshalb auf die von ihr selbst unterstellten Annahmebereitschaften hin programmieren, indem sie bestimmte Rahmungen, Skripts, Formate, Gattungen usw. etabliert. An diese Problemstellung schließt die Frage an, welche Vorgaben die Medientexte liefern, an denen sich die kommunikativen und subjektiven Aneignungsprozesse orientieren können. Hier können Konzepte wie der �implizite Leser� (Iser) und der �Modell-Leser� (Eco) hinzugezogen werden (vgl. Charlton 1997, S. 25f.; Sutter/Charlton 1999). Diese  Fragen sind auch für die Untersuchungen kommunikativer und subjektiver Aneignungsprozesse relevant.

b) Aus der Sicht der Anschlußkommunikation bzw. kommunikativer Aneignungsprozesse erscheint es auf der einen Seite besonders naheliegend, von einer Verschränkung von Massenkommunikation und alltäglichen Interaktionen auszugehen (vgl. Keppler 1994). In handlungstheoretischer Perspektive hat sich als Reaktion auf vereinfachende Medienwirkungstheorien eine Forschungstradition gebildet, die Medienkommunikation als soziales Handeln begreift (vgl. Holzer 1994). In weiteren Forschungen zur kommunikativen Aneignung von Medienangeboten und zur parasozialen Interaktion wird zwar auf Unterschiede zwischen face-to-face-Interaktionen und dem Umgang mit massenmedialen Einwegkommunikationen verwiesen, gleichzeitig aber die Verwobenheit von Massenkommunikation und interaktiven Alltagskommunikationen herausgestellt. Andererseits wäre aber auch hierbei zu beachten, daß Massenkommunikation nur durch die Befreiung von interaktiven Beschränkungen gesellschaftsweit verbeitete Kommunikation liefern kann. Diesem Gesichtspunkt wird in den Untersuchungen kommunikativer Aneignungsprozesse kaum Beachtung geschenkt. Die Fragen, denen in diesen Zusammenhängen nachzugehen sein wird, lauten: Befinden sich gesellschaftstheoretische Analysen von Massenkommunikation und Untersuchungen der kommunikativen Aneignung von Medienangeboten in Gegenstellung zueinander? Was bedeutet eine �Verschränkung� von Massen- und Alltagskommunikation? Wie stellen sich Eigenständigkeit und wechselseitige Abhängigkeit von Massenkommunikation und interaktiven Alltagskommunikationen dar?

c) Aus der Sicht subjektiver Rezeptionsprozesse ist nach den Restriktionen zu fragen, denen das Verstehen massenmedialer Einwegkommunikation unterliegt: Die aus der Sicht der Massenkommunikation und der kommunikativen Aneignung markierten Räume unterschiedlicher Positionen legen sehr verschiedene Antworten auf diese Frage nahe. Positionen, die mit Modellen des Dialogs und der parasozialen Interaktion arbeiten, lassen vielfältige Möglichkeiten von individuellen und sozialen Verstehenskontrollen sichtbar werden. Sie ergeben sich nicht nur aus gemeinsamen, zumindest indirekt wechselseitig vermittelten Vorstellungen von Medienakteuren und Rezipienten, sondern auch der kommunikativen Konstruktion und Absicherung der Bedeutungen, die Medienbotschaften für die Rezipienten haben (etwa in Form von �interpretive communities�; vgl. dazu Sutter/Charlton 1999, S. 100f.). Positionen, die eine selbstreferentielle, jeweils eigenständige Festlegung von Bedeutungen in den Dimensionen der Massenkommunikation, der kommunikativen und der subjektiven Aneignung zugrunde legen, werden sehr viel geringere Kontrollmöglichkeiten für das subjektive Verstehen von Medienangeboten behaupten.

Die Überlegungen sollen deutlich machen, ob und in welcher Weise in der Massen-kommunikation, den Anschlußkommunikationen bzw. kommunikativen Aneignungsprozessen und den subjektiven Rezeptionsprozessen sich die vollständige Struktur sozialen Handelns konstituiert. Die Resultate dieser Überlegungen sollten Aufschlüsse darüber geben, ob wir mit lediglich graduellen oder aber kategorialen Unterschieden zwischen Medien- und Alltagskommunikation rechnen müssen (vgl. ebda., S. 102ff.). Im ersten Fall kann die Medienforschung unmittelbar an Handlungs- und Subjekttheorien (rezipientenorientierte Perspektive) anschließen, wobei die Eigenheiten durch technische Medien verbreiteter Kommunikation (medienorientierte Perspektive) keine zentrale Rolle spielen. Im zweiten Falle würde der medienorientierten Perspektive im Verhältnis zur Rezipientenorientierung eine ungleich gewichtigere Bedeutung zukommen. Die angestrebte integrative Perspektive einer konstruktivistischen Theorie des Handelns verspricht, die eingangs erwähnte, überkommene Gegenstellung von medien- versus publikumszentrierten Sichtweisen in der Medienforschung im Sinne eines Ergänzungsverhältnisses von medien- und rezeptionsorientierten Forschungen zu überwinden. Als eine nicht nur verschiedene theoretische Sichtweisen, sondern auch unterschiedliche Medien und unterschiedliche Umgangsweisen mit Medien umfassende Problemstellung kann dabei die Entstehung und Verarbeitung von Textoffenheit fungieren (vgl. ebda., S. 98ff.). Textoffenheit bezeichnet ebenso einen Überschuß an sinnhaften Verweisungsmöglichkeiten in den medial verbreiteten Texten wie auch die Autonomie der Rezipienten im selektiven, aktiv deutenden Umgang mit diesen Texten. Mit Merkmalen der Textoffenheit können Leser-Text-Beziehungen in der Medienkommunikation und �sozialisation charakterisiert und mit face-to-face-Interaktionen verglichen werden. Anzustreben ist eine Forschungsperspektive, in der die �bedeutungsgenerierenden Aktivitäten auf der Rezeptionsseite� ebenso wie die Strukturen des medialen Angebots und die Bedingungen der Mediennutzung  (vgl. Groeben u.a. 1999, S. 14) beachtet werden können.
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3       Die Rekonstruktion von �Leser-Text-Interaktionen� löst die traditionellen, für sich genommen jeweils verkürzenden Fragen �Was machen Medien mit den Subjekten?� und �Was
         machen Subjekte mit den Medien?� ab: Unstrittig ist, daß es wechselseitige Beeinflußungen von medial verbreiteten Kommunikationen und Rezeptionsprozessen gibt. Der Begriff
         der �Leser-Text-Interaktion� zielt auf diese wechselseitigen Beeinflussungen (vgl. Charlton/Barth 1995): Welche Vorgaben und Anleitungen liefern die Texte, an denen sich
         Rezeptionsprozesse orientieren können? In welcher Weise fließen Erwartungen von Rezipienten, die von den Produzenten von Medienangeboten antezipiert werden, in die Texte
         ein?

4       Bewußtsein und Kommunikation sind sinnhaft operierende Systeme. Sie bedienen sich beim Aufbau ihrer Strukturen eines gemeinsamen Mediums, eben Sinn. Da die Umwelt eines
         Systems stets komplexer als das System ist, stehen alle Systeme vor dem Problem, Umweltkomplexität systemintern zu reduzieren. Sinn ist jene Form, welche die Komplexität der
         Umwelt für kommunikative und psychische Systeme reduziert (vgl. Luhmann 1984, S. 92)


    5 Mediensozialisation als Selbstsozialisation im Umgang mit Medien

    5.1       Allgemeine sozialisationstheoretische Probleme

Ebenso wie im allgemeinen Bereich der Theorien und Forschungen zur Mediengesellschaft steht auch im speziellen Bereich der Mediensozialisation keine umfassende Untersuchungsperspektive zur Verfügung (vgl. Oerter 1999). Der Gegenstand Mediensozialisation ist in den umfassenden Zusammenhang von Gesellschafts-, Sozialisations- und Subjekttheorien eingebettet. In der Geschichte der Soziologie wurden vielfältige Antworten auf die zentrale Frage entwickelt, in welchem Verhältnis Subjekte und Gesellschaft stehen. Die traditionelle, bis heute in den Sozialisationstheorien dominierende Vorstellung des Verhältnisses von Subjekten und Sozialwelt kann mit Berger und Luckmann (1989, S. 54) folgendermaßen ausgedrückt werden: �Die Selbstproduktion des Menschen ist notwendig und immer eine gesellschaftliche Tat. Zusammen produzieren die Menschen eine menschliche Welt mit der ganzen Fülle ihrer sozio-kulturellen und psychologischen Gebilde.� Dieses Wechselverhältnis von Subjekten und Sozialwelt kann mit zwei Annahmen beschrieben werden, die in den Subjekt- und Sozialisationstheorien auf breite Zustimmung treffen: Die Annahme des Konstruktivismus besagt, daß Subjekte die Strukturen der Innen- und der Außenwelt in einem aktiven Konstruktionsprozeß aufbauen. Damit sind, um dies aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht zu verdeutlichen, einfache Medienwirkungsmodelle ausgeschlossen, insofern sie die aktiv vollzogenen Interpretationsleistungen der Rezipienten nicht berücksichtigen. Die Annahme des Interaktionismus besagt, daß Subjekte in einem interaktiven Wechselverhältnis mit der sozialen und natürlichen Außenwelt stehen. Auf der Grundlage dieser beiden Annahmen sind vielfältige Forschungen seit langem damit beschäftigt, subjekt- und sozialisationstheoretische Aspekte miteinander zu verbinden: Immer wieder wurde die Frage verhandelt, in welchem Verhältnis intrasubjektive und äußere (soziale, kulturelle) Faktoren der individuellen Entwicklung zueinander stehen.

Dieses Problem ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß seit längerem kaum Fortschritte in der Verbindung von Sozialisations- und Gesellschaftstheorien zu verzeichnen sind: Seit dem nicht zu Ende geführten Versuch der Forschungsgruppe um Habermas, Sozialisation, soziale Evolution und Gesellschaftsanalyse zusammenzubinden (vgl. Döbert/Nummer-Winkler 1979; Habermas 1976), sind keine derart ambitionierten Projekte mehr  in Angriff genommen worden (vgl. Sutter 1999a, S. 17ff.). Vielmehr haben sich gesellschafts- und sozialisationstheoretische Diskussionen voneinander entfernt: Ungeachtet gesellschaftstheoretischer Entwicklungen (z.B. in der Theorie sozialer Systeme) ruht die Sozialisationstheorie nach wie vor traditionellen Grundlagen auf, die sich mit Piaget der Konzeption von Subjekten als aktiven Konstrukteuren der Wirklichkeit und mit Mead der Vermittlung von Individuen und Gesellschaft als sozialisationstheoretischem Bezugsproblem verpflichtet fühlen (bei K. Hurrelmann/Ulich 1991 ebenso wie jüngst bei Grundmann 1999 und Leu/Krappmann 1999). So gewinnt man insgesamt den Eindruck, daß innerhalb der Sozialisationstheorien die grundlagentheoretische Entwicklung stagniert: Zwar sind die Annahmen der Konstruktivität der Subjekte und des interaktiven Wechselverhältnisses von Subjekten und sozialer Umwelt allgemein und auch für die Theorien der Mediensozialisation (vgl. Charlton/Neumann 1990; B. Hurrelmann 1994) erkenntnisleitend. Trotz vermehrter Berührungspunkte (vgl. K. Hurrelmann/Ulich 1991a) befinden sich jedoch psychologische und soziologische Subjekt- und Sozialisationstheorien noch weitgehend in Gegenstellung zueinander (vgl. Sutter 1999b).

Kennzeichnend für diese Gegenstellung ist die Debatte um das Verhältnis von sozialer Konstitutionstheorie auf der Linie Vygotskys und dem entwicklungspsychologischen Konstruktivismus auf der Linie Piagets: Wenn man im Hinblick auf Prozesse der Mediensozialisation vor allem auf (kultur-)soziologische Bedingungen der Subjektentwicklung setzt (vgl. Oerter 1999), so steht man vor dem Problem, wie die Subjekte in ihrer Entwicklung auch tatsächlich von kulturellen Kontexten und Prozessen der sozialisatorischen Interaktion profitieren können (vgl. Miller/Weissenborn 1991; Sutter/Charlton 1994). Während den Theorien in der Tradition Piagets eine Zentrierung auf die aktiven Konstruktionsleistungen der Subjekte und eine Vernachlässigung der sozialen Bedingungen von Entwicklungsprozessen vorgehalten werden kann, erwecken soziale Konstitutionstheorien den Verdacht, die Subjekte aus dem Sozialisationsprozeß austreiben zu wollen (vgl. Sutter 1999b). Damit stellt sich die Frage, wie diese Gegenstellung subjekt- und interaktionszentrierter Erklärungsstrategien überwunden und in ein wechselseitiges Ergänzungsverhältnis überführt werden kann. Dieses Ziel strebt der soziale Konstruktivismus mit dem zentralen Begriff der Ko-Konstruktion an, der an beide Forschungstraditionen angeschlossen wird: Bereits Piaget (1982, S. 23) hat darauf hingewiesen, daß von einer engen Beziehung zwischen individuellen Operationen und interaktiven Kooperationen auszugehen ist. Damit scheint die Gegenstellung zwischen subjekt- und interaktionstheoretischen Sichtweisen an Relevanz zu verlieren (vgl. Döbert 1992). Allerdings steht nach wie vor die Alternative im Raum, ob individuelle Operationen Voraussetzung für interaktive Ko-Operationen sind oder umgekehrt (vgl. Doise/Palmonari 1984). Der soziale Konstruktivismus behandelt subjektive Konstruktionen im Kontext sozialer Beziehungen als Ko-Konstruktionen (vgl. Bruner/Haste 1987; Furth 1990). Wie Youniss (1994, S. 35) hervorhebt, ko-konstruieren insbesondere Gleichaltrige in gegenseitigen Beziehungen sowohl die Regeln dieser Beziehungen als auch ihr gemeinsam geteiltes Wissen. Mehr noch: Ko-konstruiert wird nicht nur eine gemeinsame soziale Wirklichkeit, sondern auch die Fähigkeit der interaktiven Aushandlung dieser sozialen Wirklichkeit (vgl. Krappmann/Oswald 1992, S. 88).

In mindestens zwei Punkten bleiben diese Versuche ebenso unbefriedigend wie die Gegenstellung, die sie aufzulösen versuchen: Erstens kann man die Gegenstellung subjekt- und interaktionszentrierter Forschungstraditionen als Hinweis darauf nehmen, daß subjektive und soziale Konstruktionsprozesse tatsächlich eigenständig (wenn auch nicht isoliert voneinander) ablaufen. Dann aber wären die in traditionellen Konstitu-tionstheorien systematisch unterstellten Überschneidungsbereiche zwischen subjektiven und sozialen Prozessen erklärungsbedürftig. Dieser Erklärungsbedarf ist aber solange nicht gedeckt, als � zweitens � das damit verbundene konstitutionstheoretische Dilemma nicht aufgelöst werden kann: Die Praxis der Ko-Konstruktion soll erst die Fähigkeit zur Ko-Konstruktion ermöglichen, die wiederum aber Voraussetzung der Teilnahme an Prozessen der Ko-Konstruktion ist. In der Regel zementiert dann die scheinbare Auflö-sung dieses Dilemmas die genannte Gegenstellung, indem Vorgaben auf der Seite der Subjekte oder der sozialisatorischen Interaktion eingeschleust werden (vgl. Sutter 1994).


    5.2 Systemtheorie und genetischer Strukturalismus: Die Sozialisationstheorie des interaktionistischen Konstruktivismus

Im folgenden soll wenigstens in Umrissen deutlich werden, daß und wie eine Lösung dieser Probleme auf der sozialisationstheoretischen Grundlage des �interaktionistischen Konstruktivismus� weiter vorangetrieben werden kann: Mit den Mitteln systemtheoretischer Analysen kann die genannte Gegenstellung besser als bislang überwunden werden (zum folgenden ausführlicher: Sutter 1999a): Es geht darum, in soziologischen und psychologischen Theorien nicht länger die autonome Konstruktivität der Subjekte und die Eigenständigkeit der Sozialwelt gegeneinander auszupielen. Die systemtheoretische Alternative geht statt dessen von einer strikten Differenz zwischen Individuen und Sozialwelt aus, die nicht aufgehoben werden kann. Zwar sind die Subjekte bzw. die psychischen Systeme und die Sozialwelt beim Aufbau ihrer Strukturen voneinander abhängig, sie prozessieren aber jeweils eigenständig und ohne wechselseitige Überschneidungsbereiche. Subjekte bzw. psychische Systeme und Sozialwelt haben in der Systemtheorie gerade deshalb eine eigenständige Stellung, weil sie nicht als zu vermittelnde Einheiten, sondern als unterschiedliche, überschneidungsfrei operierende Systeme begriffen werden. Die Untersuchungsperspektive des interaktionistischen Konstruktivismus geht nicht einfach von der Systemtheorie aus, um die Welt der Subjektbildung und Sozialisation neu zu erfinden. Vielmehr können bewährte Subjekt- und Sozialisationstheorien herangezogen und in Kontakt mit der Systemtheorie gebracht werden. Für die Durchführung dieses Vorhabens erweisen sich jene Theorieangebote als hilfreich, die als Konstitutionstheorien pointiert und überzeugend die Eigenständigkeit subjektiver und sozialer Prozesse gezeigt haben. Das Verdienst der Forschungstradition Piagets ist es, die konstruktive Eigentätigkeit der Subjekte deutlich gemacht zu haben. Dabei bleibt jedoch das Problem offen, wie die Rolle sozialer Interaktionen im subjektiven Bildungprozeß angemessen berücksichtigt werden kann. Das Verdienst der sozialen Konstitutionstheorie (auf der Linie von Vygotsky) liegt darin, daß sie die Eigenständigkeit der Prozesse und Strukturen sozialer Interaktionen offengelegt hat. Das ungeklärte Problem ist hier, wie die Prozesse sozialisatorischer Interaktionen in der Entwicklung der nachwachsenden Subjekte wirksam werden. Bei der Suche nach Problemlösungen leistet der Kontakt mit der Systemtheorie eine wichtige Hilfe, weil sie nicht nur die jeweils selbstreferentielle, überschneidungsfreie Operationsweise von psychischen und sozialen Prozessen auseinanderhält, sondern zugleich zu zeigen versucht, wie psychische und soziale Prozesse dennoch in ihrem strukturellen Aufbau voneinander abhängen.

Das Verhältnis jeweils eigenständiger und gleichzeitig voneinander abhängiger Systeme beschreibt die Systemtheorie als strukturelle Kopplung zwischen unterschiedlichen Systemen. Zwar prozessiert in psychischen Systemen nur Bewußtsein und in sozialen Systemen nur Kommunikation, dennoch könnten weder Bewußtsein ohne Kommunikation noch Kommunikation ohne Bewußtsein existieren. Sie sind auf wechselseitige strukturelle Kopplung angewiesen, d.h. darauf, sich wechselseitig Komplexität zur Verfügung zu stellen. Der Prozeß der Sozialisation vollzieht sich dadurch, daß psychische Systeme von kommunikativen Systemen mit Komplexität versorgt werden. Darunter hat man sich kein Übertragungsverhältnis vorzustellen: Soziale Systeme können psychische Systeme nicht steuern oder instruieren. Vielmehr sozialisieren sich psychische Systeme selbst, indem sie intern die Komplexität sozialer Systeme reduzieren. Psychische Systeme können die Anregungen und Störungen, mit denen sie von den Kommunikationen versorgt werden, für die eigenen Operationen verfügbar machen.

Wie aber ist es möglich, daß psychische und soziale Systeme strikt getrennt operieren und sich dennoch bei ihrem Aufbau voneinander abhängig machen können? Der Grund liegt darin, daß die getrennten Operationen in einem gemeinsamen Medium verlaufen, das durch Sinn gebildet wird: Bewußtsein und Kommunikation prozessieren beide mit sinnhaften Operationen und können deshalb strukturell aneinander gekoppelt sein. Sie können sich durch Sprache und die Bildung von Erwartungen wechselseitig irritieren und stören. Sie versorgen sich gewissermaßen gegenseitig mit Material, das jeweils intern verarbeitet wird und die Operationsprozesse in Gang hält. Dabei ist die Bildung sozialer und psychischer Systeme an das Problem der doppelten Kontingenz gebunden. Dieses Problem entsteht immer dann, wenn zwei oder mehr psychische Systeme in Kontakt zueinander treten. Zum einen resultiert es aus dem Umstand, daß die psychischen Systeme füreinander undurchschaubar sind. Zugleich sind sie aber darauf angewiesen, sich im weiteren Verlauf ihres Kontaktes wechselseitig zu bestimmen: Sie müssen Erwartungen aufbauen, an denen sie ihr Handeln orientieren können. Zum anderen herrscht auch auf der Ebene von Kommunikation Unbestimmtheit, die in der Folge reduziert werden muß. Dies geschieht dadurch, daß Handlungen in einer sequentiellen Abfolge aneinander anschließen und dadurch bestimmte Festlegungen erzeugen.

Auf diesem Wege kann das oben beschriebene konstitutionstheoretische Dilemma in der Kooperation von System-, Subjekt- und Sozialisationstheorien gelöst werden: Die Systemtheorie radikalisiert die prozessuale Eigenständigkeit subjektiver und sozialer Konstruktionen, wie sie in strukturgenetischen Forschungstraditionen bereits deutlich aufscheint. Durch diese Radikalisierung wird einsichtig, was insbesondere die frühkindliche Entwicklung nahelegt, daß nämlich sozialisatorische Interaktionen nicht von den sozialen Handlungsfähigkeiten aller Beteiligten abhängen5: Wie eine Fülle von Untersuchungen zeigt, sind gerade kleine Kinder darauf angewiesen, daß ihre bruchstückhafte Handlungen durch die Handlungen kompetenter Bezugspersonen ergänzt werden. Diese (unabhängig von den kindlichen sozial-kognitiven Fähigkeiten vorgenommenen) Bedeutungszuweisungen umfassen nicht nur die (selbstreferentiell konstruierten) Unterstellungen der Interaktionspartner, sondern auch die (ebenfalls selbstreferentiell konstruierten) kommunikativen Sinnstrukturen der sozialisatorischen Interaktion (vgl. Braun u.a. 1994; Sutter 1999a, S. 246ff.). In dieser Weise können auch sehr lückenhafte und unspezifische Tätigkeiten der Nachwachsenden in vollständige Strukturen sozialen Handelns eingebettet werden. Dieser im Bereich der frühkindlichen Sozialisation sehr augenfällige Umstand kann verallgemeinert werden: Kommunikationen und Interaktionen hängen nicht davon ab, daß sich die beteiligten Personen über ihre Deutungen verständigen. Es genügt, daß die sozialen und psychischen Prozesse an die jeweils gegebenen sinnhaften Verweisungen anschließen.
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5       Wäre das Gegenteil der Fall, müßte man � dem Nativismus nachgebend � soziale Handlungsfähigkeiten auf der Seite der Neugeborenen vorgeben oder aber es bliebe rätselhaft, wie
         sozialisaorische Interaktionen sich schon in den frühen Phasen der Ontogenese unabhängig von den sozialen Handlungsfähigkeiten der Neugeborenen etablieren können.


    5.3 Selbstsozialisation im Umgang mit Medien

Was bedeutet diese Perspektive des interaktionistischen Konstruktivismus für den Begriff der Selbstsozialisation im Umgang mit Medien? In traditionellen Theorien unter dem Bezugsproblem der Vermittlung von Individuen und Gesellschaft bleiben Prozesse der Fremdsozialisation bestimmend. Dies gilt auch für die Konjunktur des Begriffs der �Selbstsozialisation� speziell im Untersuchungsfeld des Umgangs mit Medien und der Entstehung von Medienkompetenz (vgl. Fromme/Kommer/Mansel/Treumann 1999; Groeben/Hurrelmann/Eggert/Garbe 1999; Schell/Stolzenburg/Theunert 1999). Aus traditioneller Sicht wird mit Selbstsozialisation die konstruktive Eigentätigkeit der Subjekte bezeichnet, die aber dennoch von der gegebenen sozialen Umwelt mehr oder weniger direkt beeinflußt werden können (Aspekt der Fremdsozialisation). Darüber hinaus weist der Begriff der Selbstsozialisation auf den empririschen Umstand hin, daß in Zeiten beschleunigten kulturellen Wandels und medialer Entwicklungen Individuen und nachwachsende Generationen zunehmend auf die eigenständige Bewältigung des Umgangs mit Medien angewiesen sind.

Viel grundlegender zeichnet sich daneben aus systemtheoretischer Sicht ein Wechsel von Fremd- zu Selbstsozialisation ab. Die Systemtheorie der Sozialisation erscheint aus traditioneller Perspektive als �Anti-Sozialisationstheorie� (Schulze/Künzler 1991, S. 135): Menschen stehen nicht innerhalb der Gesellschaft und werden nicht in die Gesellschaft einsozialisiert, sondern sie befinden sich in der Umwelt der Gesellschaft und sozialisieren sich selbst (vgl. Gilgenmann 1986; Luhmann 1987). Aspekte der Fremdsozialisation treten hier ganz allgemein � und nicht lediglich durch einen beschleunigten sozialen und kulturellen Wandel bedingt � in den Hintergrund. Eine Theorie der Selbstsozialisation ist bislang weder von der Systemtheorie ausgearbeitet worden noch in der Sozialisationsforschung auf Resonanz gestoßen: Dieser Diskussionsstand könnte sich ändern, wenn, wie im vorigen Abschnitt erörtert, deutlich gemacht wird, daß bewährte entwicklungs- und sozialisationstheoretische Forschungstraditionen in Kontakt mit einer Systemtheorie der Selbstsozialisation gebracht und im gleichen Zug besser als bislang miteinander verbunden werden können. In Bezug auf die Überlegungen zur Leser-Text-Interaktion und zur Textoffenheit ist vor diesem Hintergrund zu prüfen, in welcher Weise noch an das Bezugsproblem der Vermittlung von Individuum und Gesellschaft angeschlossen werden kann oder aber auf die Differenz zwischen Prozessen der Selbstsozialisation, der kommunikativen Verarbeitung und den Sinnstrukturen der Medienangebote selbst zu achten ist. Diese Problemstellung ist deshalb besonders relevant, weil das Verhältnis von differenz- bzw. systemtheoretischen Konzeptionen einer Mediengesellschaft (vgl. Schmidt 1999) und eher traditionell, d.h. identitäts- bzw. handlungstheoretisch angelegten Theorien der Mediensozialisation (vgl. Oerter 1999) noch weitgehend ungeklärt  ist.

Eine Theorie der Selbstsozialisation im Umgang mit Medien kann in Parallelführung zu einer konstruktivistischen Theorie des Handelns im Kontext der Medienforschung erarbeitet werden. Während im allgemeinen Untersuchungsteil die makrosoziologische Ebene des Systems der Massenkommunikation im Verhältnis zu sozial-interaktiven Anschlußkommunikationen im Mittelpunkt steht, rückt hier die mikrosoziologische Ebene subjektiver Rezeptionsprozesse im Kontext sozial-interaktiver Anschlußkommunikationen in den Vordergrund. Auch hier ist die Frage der Verknüpfung traditioneller und systemtheoretischer Perspektiven erkenntnisleitend: Wie können traditionelle Theorien der Subjektbildung im Kontext sozialer Interaktionen in Kontakt zu einer Systemtheorie der Kommunikation und der Selbstsozialisation gebracht werden? Die Frage, wie sich Eigenständigkeit und wechselseitige Abhängigkeit von Massenkommunikation, kommunikativen und subjektiven Aneignungsprozessen darstellen, kann im Kontext einer Theorie der Mediensozialisation spezifiziert werden (vgl. dazu Charlton 1997, S. 27ff.): Inwieweit werden die Subjekte durch Medien beeinflußt, gar überwältigt? Inwieweit bestehen Möglichkeiten der autonomen Aneignung von Medienangeboten? Werden wir durch Medien gesteuert, steuern wir selbst � je nach dem eingebun-den in Interpretationsgemeinschaften � unseren Umgang mit Medien? Wie ist das Verhältnis von Fremd- und Selbstsozialisation im Umgang mit Medien?

Auf diesem Wege kann eine konstruktivistische Theorie der Mediensozialisation entwickelt werden (vgl. Sutter 1999). Dieses Vorhaben kann in drei Schritten verfolgt werden: a) Parallel zu einer konstruktivistischen Theorie des Handelns wird die Theorie der Selbstsozialisation auf der Grundlage des interaktionistischen Konstruktivismus ausgebaut und spezifiziert. b) Diese allgemeinen Vorüberlegungen sind in einer Auseinandersetzung verschiedener Theorien der Mediensozialisation zu konkretisieren. c) Diese Untersuchungen münden in die Formulierung einer konstruktivistischen Theorie der Mediensozialisation.

a) Wie schon angedeutet findet sich der Begriff der Selbstsozialisation sowohl (zumindest implizit) in traditionellen als auch (ganz explizit) in systemtheoretischen Sozialisationstheorien: Er spielt bereits im strukturgenetischen Konstruktivismus in der Tradition Piagets eine prominente Rolle. Selbstsozialisation meint die selbstregulative Eigentätigkeit aktiv konstruierender Subjekte. Diesem Begriff der Selbstsozialisation stellt die soziale Konstitutionstheorie in der Tradition Vygotskys die eigenständige Organisation sozialisatorischer Interaktionen zur Seite. Schon in diesen Forschungstraditionen wird deutlich, daß eine Theorie der Selbstsozialisation eine jeweils unverkürzte, eigenständige Konzeption subjektiver und sozialer Strukturen erfordert. Subjektseitig handelt es sich dabei um eine selbstreferentielle Konstruktivität; auf der Ebene sozialer Interaktionen begegnet uns das weiter oben erörterte grundlegende Problem einer konstruktivistischen Theorie des Handelns wieder: soziale Prozesse ohne bewußtseins- und handlungstheoretische Verkürzungen begreifen zu können. Mit der soziologischen Systemtheorie lassen sich die beiden genannten Forschungstraditionen verknüpfen: Die Selbstsozialisation der Subjekte ist mit sozialisatorischen Interaktionen strukturell gekoppelt. Selbstsozialisation meint die selbstreferentielle Reproduktion von psychischen Systemen, wie sie Piagets Untersuchungen theoretisch und empirisch gezeigt haben. Prozesse der Selbstsozialisation sind dabei konstitutiv auf die Teilnahme der Subjekte an Kommunikationen und sozialen Interaktionen angewiesen, wie sie in den Theorien der sozialen Konstitution von Subjektstrukturen analysiert wurden. Aus dieser Sicht sind die sozialen Kontexte der Selbstsozialisation eigenständig organisiert und nicht auf subjektives Bewußtsein oder subjektive Einzelhandlungen reduzierbar. Über die vorliegenden Vorarbeiten hinausgehend wird es in diesem Untersuchungsschritt vor allem darum gehen, die Kompatibilität einer Theorie der Selbstsozialisation auf der Grundlage des interaktionistischen Konstruktivismus und einer konstruktivistischen Theorie sozialen Handelns aufzuzeigen.

b) Eine viel offenere Frage ist, wie eine Theorie der Selbstsozialisation, die aus der Kooperation traditioneller und systemtheoretischer Sichtweisen hervorgeht, in eine konstruktivistische Theorie der Mediensozialisation überführt werden kann. Traditionelle subjekt- und interaktionstheoretische Perspektiven sind insbesondere von handlungstheoretischen Rezeptionsforschungen aufgegriffen worden. Hier ist vor allem die strukturanalytische Rezeptionsforschung zu nennen, die in enger Verbindung zu den Forschungstraditionen Piagets und der sozialen Konstitutionstheorie entwickelt wurde (vgl. Charlton/Neumann 1990). Die strukturanalytische Rezeptionsforschung geht von einem engen Zusammenhang zwischen interpersonaler und massenmedialer Kommunikation aus und unterscheidet drei Ebenen der Handlungskoordination: 1. den Rezeptionsprozeß, d.h. die Auseinandersetzung des Rezipienten mit dem Medienangebot; 2. den situativen und kulturellen Kontext, in dem die Rezeption stattfindet; 3. den übergeordneten Zusammenhang der Lebensbewältigung und der Identitätsbildung. Der Rezeptionsprozeß selbst verläuft in drei Phasen: Zunächst wird eine soziale Situation eingerichtet, in der der Umgang mit Medien vorbereitet wird; dann werden Medienangebote thematisch voreingenommen rezipiert, d.h. die Rezipienten setzen mehr oder weniger bewußt ihre Lebenssituation in Beziehung zu den Medienangeboten; daran schließen sich nachfolgende (allein oder in Kommunikation mit anderen durchgeführte) Verarbeitungsprozesse an.

In dieser beispielhaft angesprochenen Theorie der Mediensozialisation werden nun im Hinblick auf systemtheoretische Alternativen alle vorlaufend angesprochene Probleme relevant, die sich aus unterschiedlichen Konzeptionen des Verhältnisses von Massen-kommunikation, Interaktion und Rezeption ergeben: Kann der Umgang mit Medien als soziales Handeln konzipiert werden, in dem Rezipienten in ein quasi interaktives Verhältnis zur Massenkommunikation treten? Sind nur graduelle oder aber kategoriale Unterschiede zwischen Massenkommunikation und Interaktion festzustellen? Haben wir es mit einer Verschränkung von Massen- und interaktiver Alltagskommunikation zu tun? Wie wird Textoffenheit in den Dimensionen der Massenkommunikation, der kommunikativen und subjektiven Aneignung etabliert und verarbeitet? Die Arbeitshypothese bei der Klärung dieser Fragen lautet: Im Unterschied zu traditionellen, handlungstheoretischen Ansätzen der Mediensozialisation hebt eine in Kontakt mit der Systemtheorie entwickelte konstruktivistische Theorie der Mediensozialisation die jeweils eigenständige Organisation der Massenkommunikation, der Anschlußkommunikation und der Rezeption hervor. Im Sinne des operativen Konstruktivismus bedeutet die jeweils eigenständige Organisation: überschneidungsfreie, selbstreferentielle Konstruktionen von Bedeutungen in allen drei Dimensionen der Medienkommunikation und �sozialisation. Gerade im Umgang mit Medien werden die Möglichkeiten der Selbstsozialisation gesteigert: Die Adressaten von Massenkommunikation haben weitreichende kognitive und motivationale Freiheiten im Umgang mit den Medienangeboten (vgl. Luhmann 1996, S. 122f.). Von daher wird die Tragfähigkeit von Begriffen wie Vermittlung und Verschränkung von Massen- und interaktiver Alltagskommunika-tion sowie Rezeption in Auseinandersetzungen mit Möglichkeiten und Restriktionen der strukturellen Kopplung psychischer und kommunikativer Systeme zu prüfen sein.

c) Die anvisierte konstruktivistische Theorie der Selbstsozialisation im Umgang mit Medien wird sich, gestützt auf die parallel durchgeführten Untersuchungen zu einer konstruktivistischen Theorie des Handelns in der Medienforschung, auf drei Ebenen zu bewegen haben: der Ebene der Massenkommunikation, der kommunikativen und der subjektiven Aneignung. Traditionelle Sichtweisen der Mediensozialisation werden dabei schrittweise mit folgendem systemtheoretischem Entwurf konfrontiert werden: Massenkommunikation bildet einen eigenständigen, interaktionsfreien Kommunikationsraum. Dieser Kommunikationsraum bleibt auf vielfältige Kontakte sowohl zu kommunikativen als auch zu subjektiven Aneignungsprozessen angewiesen, wiewohl diese Aneignungsprozesse in der Umwelt des Systems der Massenkommunikation ablaufen. Die Bedeutungsselektionen auf allen drei Ebenen der Medienkommunikation und �sozialisation können beträchtlich voneinander abweichen, ohne daß dies den Fortlauf der Massenkommunikation und der kommunikativen und subjektiven Aneig-nungsprozesse blockieren würde. Es muß allerdings gezeigt werden, daß im Sinne des operativen Konstruktivismus weder kommunikative noch subjektive Aneignungsprozesse unter der Bedingung stehen, daß die Beteiligten übereinstimmende Perspektiven ausbilden. Die allgemeine Frage lautet: Was folgt für eine Theorie der Selbstsozialisation im Umgang mit Medien, wenn man vom Bezugsproblem der Vermittlung auf das Bezugsproblem der Differenz von Massenkommunikation, kommunikativer und subjektiver Aneignung umstellt?6
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6       Diesem Wechsel des Bezugsproblems muß auch methodologisch und methodisch Rechnung getragen werden, indem Verbindungsmöglichkeiten zwischen dem systemtheoretischen
         Analyseinstrumentarium und bewährten Methoden der Rekonstruktion sozialer und subjektiver Prozesse ausgelotet werden (vgl. dazu Sutter 1997, 1999a, S. 210ff.).


    6 Die �Interaktivität� neuer Medien

Die Untersuchungen zu Leser-Text-Interaktionen (einschließlich der kommunikativen Aneignung von Medienangeboten), Textoffenheit und Prozessen der Selbstsozialisation stehen heute im Kontext der Entstehung neuer Medien, die insbesondere durch Merkmale der �Interaktivität� von den herkömmlichen Medien (mit Ausnahme des Telefons) unterschieden werden (vgl. Esposito 1995, 1998; Faßler 1996; Höflich 1996, S. 61ff.; Sandbothe 1997; Sutter 1999c). Allgemein geht es dabei um das Aufbrechen der Formen massenmedialer Einwegkommunikationen durch vielfache Rückmelde- und Eingriffsmöglichkeiten der Nutzer neuer Medien (vgl. Wetzstein u.a. 1995). Vor diesem Hintergrund steht die Frage nach der Zukunft des bisherigen Leitmediums Fernsehen: Der PC könnte ein Universalmedium werden, das alle bislang ausdifferenzierten Mediensysteme in sich vereint (vgl. Grassmuck 1995); er ist jedenfalls ein hochgradig inklusives Medium, das Leistungen anderer Medien zu übernehmen vermag (vgl. Seel 1998). Damit könnte eine �interaktive� Revolution des Mediensystems auf dem Wege sein, die bislang bestehende Grenzen zwischen Netz- und Massenkommunikation auflöst (vgl. Jarren/Donges 1997; Mast 1997; Rötzer 1995). Auch massenmediale Angebote des Fernsehens können zunehmend selektiv und individuell genutzt werden (vgl. Ruhrmann/Nieland 1997).

Die These der Revolutionierung des Mediensystems durch �interaktive� Medien stößt mindestens an zwei Grenzen: Erstens erfüllt, wie oben bereits erwähnt, die Massenkommunikation gerade unter Bedingungen der modernen, funktional ausdifferenzierten Gesellschaft die unverzichtbare Funktion, gesellschaftsweite Kommunikation zu sichern. Deshalb ist keine �interaktive� Revolutionierung, sondern eine Ausdifferenzierung verschiedener Mediensysteme zu erwarten (vgl. Esposito 1995; Wehner 1997). Zweitens ist zumindest tendenziell festzuhalten, daß Rezipienten von Unterhaltungsangeboten wenig Interesse haben, in den Verlauf des Dargebotenen selbst einzugreifen (vgl. Esposito 1995), was empirisch vor allem für die weniger gebildeten Publikumskreise zuzutreffen scheint (vgl. Vorderer/Knobloch 1998). Unter Bedingungen der weiteren Ausdifferenzierung des Mediensystems werden wir uns vermutlich auch weiterhin mit traditionellen Formen der Massenkommunikation zu beschäftigen haben.

Den zentralen Punkt berührt die Frage, ob die �Interaktivität� neuer Medien Prozesse medial verbreiteter und interpersonaler Kommunikation enger zusammenrücken läßt: Damit würde eine Konzeption der Leser-Text-Interaktion, die sich an face-to-face-Interaktionen orientiert, als allgemeines Modell der Medienforschung gestärkt. Eine starke Variante dieser Konzeption begreift Computer selbst als Interaktionspartner (vgl. Geser 1989). Auch wenn die Unterstellungen vieler PC-Nutzer in diese Richtung gehen mögen, PCs bleiben doch informationsverarbeitende Maschinen (vgl. Esposito 1993). Eine schwächere Variante macht auf Interaktionsverhältnisse in der Kommunikation mittels Computern aufmerksam (vgl. Wetzstein u.a. 1995, S. 58ff.). Das unklare Bestimmungsverhältnis zwischen Interaktivität und Interaktion wird deutlich, wenn Begriffe wie �elektronische Gemeinschaft� interpersonale Nähe und Verbindlichkeit suggerieren, damit aber tatsächlich nur Nutzergruppen elektronischer Medien bezeich-net werden, die gemeinsame Gebrauchsweisen, Regeln und Bedeutungszuschreibungen entwickeln (vgl. Höflich 1996, S. 260ff.).

Dennoch wird man das Neue der Kommunikation mittels Computern gerade im Hinblick auf Leser-Text-Interaktionen und Prozesse der Mediensozialisation nicht leugnen können: Anders als bei Buchlektüre und Fernsehen können die Texte nun auch tatsächlich auf die Eingaben der Nutzer �antworten� (vgl. Krämer 1997). Ein interessanter Ausgangspunkt der Analyse von interpersonaler Interaktion, Leser-Text-Interaktion und Interaktivität bildet der Umstand, daß neu entstandene Medien zunächst vereinfacht mit Semantiken interaktiver Nahbereiche und anthropomorphisierend begriffen und gedeutet werden (für die Netzkommunikation vgl. Krämer 1997; Weisenbacher/Sutter 1997; für die Geschichte des Fernsehens vgl. Elsner/Müller 1988). Die Tendenz, die technische Unterbrechung zwischen Rezeption und medial vermittelter Wirklichkeit abzublenden, muß erst schrittweise überwunden werden (vgl. Sutter 1999c). Dabei sind die Notwendigkeiten und Möglichkeiten auszuloten, die Analyse neuer Kommunikationsmedien von intuitiv naheliegenden Mehrpersonen- und Interaktionsbindungen abzukoppeln (vgl. Gilgenmann 1994), um das Neue der neuen Kommunikationsmedien zu erfassen.

Ohne zu leugnen, daß sich in der Netzkommunikation tatsächlich neue Formen der Medienkommunikation ausbilden, werden die kursierenden Konzeptionen von Interaktivität kritisch zu beleuchten sein: Dabei wird erstens der Vermutung nachzugehen sein, daß das Neue der neuen Medien mit eingewöhnten, vertrauten Kategorien (wie interpersonaler Nähe, Gemeinschaft usw.) gerade nicht erfaßt werden kann. Im Gegenteil wird man die Analysen eher von Personen- und Interaktionsbindungen befreien müssen, um die Eigenständigkeit und Besonderheiten der Netzkommunikation erfassen zu können. Ein Blick auf die Geschichte der Massenkommunikationsforschungen könnte verdeutlichen, daß, wie schon bei der Einführung des Fernsehens, die Faszination neuer Kommunikationsmöglichkeiten dazu verleitet, die in den Kommunikationsprozeß eingebaute technische Unterbrechung abzudunkeln. In einem zweiten Schritt sollen die Kriterien der Interaktivität im Verhältnis zu Massenkommunikation und Interaktion genauer beleuchtet werden: Interaktivität bietet zwar vielfältige Eingriffs- und Rückmeldemöglichkeiten für die Mediennutzer, die Differenz zu Prozessen sozialer Interaktionen unter Anwesenden wird dadurch aber nicht aufgehoben. Darüber hinaus ist den Hinweisen der soziologischen Theorien der Massenkommunikation nachzugehen, daß gerade die Interaktivität neuer Medien dagegen spricht, daß von ihnen die Funktionen traditioneller Massenkommunikation in der funktional ausdifferenzierten Gesellschaft übernommen werden können. Prozesse der Mediensozialisation werden deshalb vermutlich nicht im Kontext einer interaktiven Revolution und Vereinheitlichung, sondern einer weiteren Ausdifferenzierung des Mediensystems stehen. Drittens kann das �Interaktive� der neuen Medien als Kategorie vereinfachender Selbstbeschreibungen von Netzkommunikation gedeutet werden: Wie die Fernsehkommunikation muß sich auch die Netzkommunikation anschlußfähig halten. Dies gelingt, indem die Selbst- und Fremdbeobachtung medial vermittelter Kommunikation mit Interaktionssemantiken und personalen Zuschreibungen operiert. Hierin könnte eine unverzichtbare, zentrale gemeinsame Funktion von �parasozialen Interaktionen� und �Interaktivität� als vereinfachenden Kategorien der Selbst- und Fremdbeobachtung medial vermittelter Kommunikation liegen.


    7 Ausblick: Das Netz struktureller Kopplungen

Die in den ersten Abschnitten erörterten Medienforschungen zeigen, ganz unabhängig von ihren grundlagentheoretischen Ausrichtungen, daß eine Theorie der Mediensozialisation auf die Differenz von Massenkommunikation, kommunikativer und subjektiver Aneignung ausgerichtet werden muß. Die (kultur-)kritische Theorie der Massenkom-munikation, die Systemtheorie der Verbreitungsmedien sowie die handlungs- und subjekttheoretischen Untersuchungen heben aus verschiedenen Perspektiven die Eigenständigkeit dieser drei Dimensionen der Medienkommunikation und �sozialisation hervor. Eigenständigkeit, um daran zu erinnern, meint nicht Isolation, sondern selbstreferentielles Operieren bei gleichzeitiger wechselseitiger struktureller Kopplung von Systemen. So wird ein kompliziertes Netz struktureller Kopplungen von Massenkommunikation, kommunikativen und subjektiven Aneignungsprozessen sichtbar. Strukturelle Kopplungen zwischen Systemen sind in drei Formen zu beobachten: Inklusion, Integration und Sozialisation. Daraus ergibt sich das folgende Netz struktureller Kopplungen:

Inklusion liegt vor, wenn psychische Systeme ihre Eigenkomplexität für das Operieren sozialer Systeme zu Verfügung stellen. Soziale, mit Kommunikationen operierende Systeme inkludieren psychische Systeme, indem sie diese als kommunikativ adressierbare Personen beobachten und behandeln (vgl. Luhmann 1997, S. 618ff.). In Prozessen der Massenkommunikation werden psychische Systeme auf vielfältige Weise als Personen identifiziert und behandelt: sie werden in passiven Rollen angesprochen oder in aktiven Rollen beteiligt (in Telefonaten, Interviews etc.). Inklusion hat aber nichts mit der Wechselseitigkeit von subjektiven Handlungsperspektiven der Medienakteure und der Zuschauer zu tun. Inklusion ist ein rein kommunikativer Prozeß, in dessen Operationen die kommunikativ adressierten psychischen Systeme nicht eingreifen können.

(Selbst-)Sozialisation sorgt � wie bereits erörtert � für die strukturelle Kopplung zwischen sozialen und psychischen Systemen, indem soziale Systeme ihre Eigenkomplexität zum Aufbau psychischer Systeme zur Verfügung stellen (vgl. Luhmann 1989, S. 162f.). Selbstsozialisation bedeutet im vorliegenden Zusammenhang, daß Massenkommunikation ihre Eigenkomplexität den rezipierenden psychischen Systemen zur Verfügung stellt: Subjekte nutzen die Rezeption von Medienangeboten zum selbstreferentiellen Aufbau ihrer Strukturen. Dies geschieht unter der Bedingung der Textoffenheit, d.h. auf der Seite des Medienangebots und der Seite der Rezeption werden offene, unterschiedlich interpretierbare Bedeutungen konstruiert. Auf beiden Seiten müssen die Bedeutungen der medial verbreiteten Kommunikationen selbstreferentiell strukturiert und festgelegt werden. Dazu dienen vereinfachende Rahmungen, Schemata und Skripts, die auf beiden Seiten konstruiert und zirkulär aufeinander abgestimmt werden. Die Massenkommunikation muß sich auf  Schemata einstellen, die in Prozessen der Selbstsozialisation typischerweise gebildet werden (Kindersendungen müssen anders als politische Magazine aufgebaut sein). Sie programmiert sich auf die von ihr unterstellten Abnahmemöglichkeiten und -bereitschaften des Publikums und prägt dabei dessen Rezeptionsgewohnheiten (man gewöhnt sich daran, Informationen in unterhaltsam inszenierten Verpackungen übermittelt zu bekommen). Dabei entsteht ein Raum möglicher Bedeutungen, der von Subjekten auf unterschiedlichste Weise genutzt werden kann: im Hinblick auf eigene Themen, Probleme, Bedürfnisse, Fähigkeiten sowie unterschiedliche soziale Kontexte (vgl. Charlton 1997). Das Verhältnis von Inklusion und Sozialisation ersetzt das klassische Bezugsproblem der Vermittlung von Individuum und Gesellschaft (vgl. Luhmann 1989, S. 161). Inklusion und Sozialisation stellen keine wechselseitige Vermittlungsprozesse, direkte Beeinflussungen oder Instruktionen dar. Als unterschiedliche Arten struktureller Kopplung machen sie die Angewiesenheit jeweils selbstreferentiell operierender Medienkommunikationen und Medienrezeptionen auf wechselseitige Kontakte deutlich.

Nicht nur in subjektiven, sondern auch in kommunikativen Aneignungsprozessen ist Sozialisation als strukturelle Kopplung relevant. Einerseits fungieren kommunikative Aneignungsprozesse als Kontexte der Mediensozialisation, d.h. soziale Verhandlungen der Bedeutungen von Medienangeboten bieten erweiterte Möglichkeiten der strukturellen Kopplung zwischen Massenkommunikation und Rezeption. Zum anderen haben wir aber mit Anschlußkommunikationen einen anderen Typ struktureller Kopplung vor uns, nämlich Integration als Kopplung von kommunikativen Systemen. Integration liegt vor, wenn soziale Systeme sich in wechselseitigen Leistungsbeziehungen mit Komplexität versorgen (vgl. Bora 1999, S. 58ff.). Diese Art der strukturellen Kopplung etabliert sich im Verhältnis von Massenkommunikation und daran anschließenden Folgekommunikationen in anderen gesellschaftlichen Bereichen (wie Politik, Wissenschaft, Recht usw.: vgl. Luhmann 1996, S. 117ff.) sowie kommunikativen Aneignungsprozessen. Am augenfälligsten sind die wechselseitigen Leistungsbeziehungen im Verhältnis von Politik und Massenmedien. In Anschlußkommunikationen werden ebenfalls selbstreferentiell die Bedeutungen von medial verbreiteten Kommunikationen konstruiert: Es entfaltet sich eine eigenständige soziale Wirklichkeit, die durch massenmedial verbreitete Kommunikation angeregt, aber nicht determiniert wird. Das hier nur kurz umrissene Netz struktureller Kopplungen kann zu einer differenzierten Systematik unterschiedlicher Beziehungen zwischen Medienkommunikation und Mediensozialisation ausgebaut werden.


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