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Nachhaltige Energieeffizienz: Methodische Anmerkungen

Methodische Probleme

Operationalisierung von Verbrauchswerten und Einsparungen

Wenn man Ergebnisse im Sinne von Einsparungen verstehen möchte, stellt sich das Problem der Operationalisierung. Zunächst ist zu klären, ob die aus den Zählerständen abgeleiteten Verbrauchswerte unverändert in den Vergleich übernommen werden können:

  • Sind die Verbrauchsdaten zuverlässig? (Oder gibt es Ablesefehler, Differenzen zwischen dokumentierter bzw. angenommener und tatsächlicher Zählertopologie?)
  • Sollen die Verbrauchsdaten vollständig in den Vergleich eingehen oder um den fixen Anteil (nutzerseitig nicht beeinflußare "Grundlast", s.u.) verringert werden?
  • Sind die Zeiträume vergleichbar?
  • Müssen die Verbrauchsdaten witterungsbereinigt werden? Wenn ja, mit welchem Verfahren?

Sind diese Punkte geklärt, stellt sich die Frage nach der Vergleichsgröße; je nach Blickwinkel sind die folgenden Varianten denkbar:

  • Einsparung als Differenz gegenüber den Verbrauch im davorliegenden Vergleichszeitraum (Vormonat oder Vorjahr)
  • Einsparung als Differenz gegenüber dem Verbrauch im Vergleichszeitraum des Vorjahres (z.B. desselben Monats im Vorjahr; "Vergleichsmonat")
  • Einsparung als Differenz gegenüber einer Basislinie ("Referenz", im laufenden Projekt der Mittelwert der Jahre 2003-2005)

 

Witterungsbereinigung

Die Aussagekraft der Daten für den Gas- bzw. Wärmeverbrauch ist offensichtlich ohne die Berücksichtigung der witterungsbedingten Unterschiede insbesondere in den einzelnen Wintermonaten äußerst begrenzt. Auf der Basis verschiedener theoretischer Konstrukte sind mehrere Verfahren zur Witterungsbereinigung denkbar.

Anfang 2011 wurde entschieden, beginnend mit den Daten aus 2010 eine Witterungsbereinigung gemäß VDI 2067 auf der Basis der Gradtagszahlen GTZ 20/15 (Raumtemperatur: 20°C / Heizgrenztemperatur: 15°C) des Deutschen Wetterdienstes für Freiburg durchzuführen. Die Bereinigung findet dabei bezogen auf den jeweiligen Referenzzeitraum unter Berechnung von Korrekturfaktoren gemäß VDI 2067 statt. Da passende Gradtagszahlen für Freiburg nicht öffentlich im  Internet bereitstehen, werden sie 1-2 mal pro Jahr über den Dienst WESTE (Wetterdaten und -statistiken express) des Deutschen Wetterdienstes, Abteilung Klima- und Umweltberatung, kostenpflichtig bezogen.

Für langjährige Vergleiche sowie für die Umweltbilanz der Universität wird gemäß DIN 3807(2006) den Mittelwert 3883 der Jahre 1951-1971 des Standorts Würzburg.

Im Rahmen des Projekts wurden davor drei verschiedene Arten von Witterungsbereinigungen parallel durchgeführt:

  1. Bereinigung anhand von Gradtagszahlen (12/20) aus Mannheim (Vergleichszeitraum 2003-2005)
    Das Projekt des Instituts hat einerseits den Anspruch, auch relativ kurzfristige Rückmeldungen und Abschätzungen des Wärmeverbrauchs zu erstellen; für solche Zeiträume stehen uns leider keine Werte z.B. aus Würzburg zur Verfügung. Daher werden dafür die o.g. Werte verwendet und gemäß DIN 4108 bzw. VDI 2067/3807 der aktuelle Verbrauch anhand eines aus den Gradtagszahlen hergeleiteten Korrekturfaktors bereinigt. Für den direkten Vergleich zweier Monate erscheinen diese Werte durchaus brauchbar.
  2. Jahreswerte und Kennzahlen (Vergleichswert: langjähriges Mittel Würzburg)
    Für Vergleiche auf Jahresebene und insbesondere für Kennzahlen wird eine Bereinigung gemäß DIN 4108 bzw. VDI 2067/3807 durchgeführt (s.o.).
  3. Bereinigung anhand von Vergleichsgebäuden durch prozentuale Verrechnung (2006-2008)
    Bis einschließlich des Jahres 2008 verwendete die Verwaltung zur Berechnung der auszuzahlenden Prämien im Gegensatz zum DIN/VDI-Verfahren  im Rahmenprojekt ein anderes Verfahren: Die Änderungen der Verbräuche der Piloteinrichtungen werden anhand von -durch projektbezogene Maßnahmen nicht direkt beeinflussten- Änderungen der Verbräuche des Uni-Zentrum bereinigt. Die Verbrauchsänderungen als Prozentwerte werden unter Verzicht auf einen Korrekturfaktor für die Verbräuche direkt additiv bzw. subtraktiv berücksichtigt. Bei sehr ähnlichen Verläufen unterscheiden sich die Ergebnisse beider Verfahrens kaum; in ungünstigen Fällen können leicht irreführende Werte resultieren.
    Aus einer Einsparung des Instituts von 40% und einer Einsparung des Zentrums von 10% resultiert so eine bereinigte Einsparung des Instituts von 40%-10%=30%; im Gegensatz dazu berücksichtig das korrekte Verfahren den um einen Faktor bereinigten neuen Grundwert und kommt so auf eine bereinigte Einsparung von über 33%:

    Seien pr die Einsparung des Referenzgebäudes und pa die unbereinigte Einsparung des aktuellen Gebäudes, ferner Vv bzw. Va die Verbräuche des Referenzgebäudes im Vorjahr bzw. aktuellen Jahr.
    Dann errechnet sich die um die Einsparung des Vergleichsgebäudes bereinigte Einsparung des aktuellen Gebäudes pab mittels

    pab =  pa·(Va - Vv· (1 - pr) (Va - Vv) · (1 - pr)

    in HTML-Schreibweise ohne MATH-ML:
    pab = pa · (Va – Vv · (1 – pr)) / ((Va – Vv) · (1 – pr))

    Beispiel: pr=10%; pa=40%; Va=60.000; Vv=100.000; pab=33,33%

    Nachdem sich die Verbräuche des Uni-Zentrums durch den Beginn des Umbaus der Universitätsbibliothek bzw. praktisch den Wegfall dieser Verbrauchseinheit stark verändert haben, wurde für das Jahr 2009 keine Bereinigung mehr durchgeführt.

 

Grundlastproblematik

Ein wichtiger Punkt bei der Bewertung der Einsparpotentiale ist die Grundlast. Haupt- und Hörsaalgebäude des Instituts für Psychologie in der Engelbergerstr. benötigen eine nicht unerhebliche Menge Strom als "Grundversorgung" unabhängig von der tatsächlichen Nutzung des Gebäudes bzw. unabhängig  von der Anzahl der im Gebäude anwesenden Personen. Exakte Zahlen liegen nicht vor; Schätzungen und Beobachtungen des Stromzählers legen jedoch nahe, dass die mittlere Grundlast im Bereich von ca. 8 kW liegt und daraus ein bestimmter Anteil mehr oder weniger fixer Kosten resultiert. Durch die Reduzierung der variablen, durch die Nutzer direkt beeinflussbaren Kosten, also durch "Einsparen" im Bereich des "normalen" Stromverbrauchs wäre es demnach nicht möglich, unter eine Grenze von ca. 90.000 kWh/Jahr zu kommen: nahezu 40 % des aktuellen Stromverbrauchs sind fix und durch die Nutzer gar nicht oder nur sehr beschränkt beeinflussbar! Berücksichtigt man die Grundlast, erhöht sich der Effekt von realisierten Einsparungen, weil der relative Bezug -der Stromverbrauch OHNE Grundlast- einen deutlich kleineren Wert hat.... weitere Informationen hierzu

 

Verfahren

Integrität der Daten

Die Integrität der Daten der Zähler bzw. der Abrechungen wird stichprobenartig überprüft; bislang wurden keine Inkonsistenzen zwischen Rechnungen und eigenen Ablesungen sowie zwischen realer und dokumentierter Zählertopologie oder dergleichen entdeckt, sodaß die gelieferten bzw. abgelesenen Daten den Ausgangpunkt der nachstehenden Auswertungen bilden.

Bewertung / Prämie

Das Rahmenprojekt der Universität bezieht Einsparungen auf Verbräuche inkl. Grundlast, rechnet Witterungseinflüsse auf den Heizenergieverbrauch anhand eines Vergleichs mit dem gesamten sog. "Uni-Zentrum" heraus (s.o.), vergleicht das Ergebnis mit dem jeweiligen Mittelwert der Jahre 2003-2005 und berechnet daraus eine Prämie. Dieses Verfahren ist nachvollziehbar, wird aber Ansprüchen, die aus der Bewertung von Sparmaßnahmen erwachsen, nicht gerecht, da deren Einfluß vom Anteil der Grundlast am Verbrauch beeinflußt zu werden scheint, insofern man nur prozentuale Veränderungen betrachtet. Eine sozialwissenschaftlich orientierte Bewertung der Verbrauchsverändungen sollte sich auf die tatsächlich vom Nutzer veränderbaren Verbraucher beziehen und die Grundlast möglichst ausschließen.

Aus Gründen der Konsistenz mit dem Rahmenprojekt wird bei der Betrachtung von Ergebnissen immer der gemessene Verbrauch ohne Abzug einer ggf. vorhandenen Grundlast verwendet.

 

 

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